Wer’s nicht so mit Anglizismen hat, denkt beim Begriff Upcycling vielleicht erst an eine Spezialdisziplin für Mountainbiker. Aber wir reden hier von einem nachhaltigen Trend – vom zweiten oder gar dritten Leben für Abfallprodukte, ausrangierte Artikel oder nur noch schwer vermittelbare Stoffe. Findige, handwerklich geschickte DIY-Fans zaubern aus vorhandenen Materialien neuwertige Produkte und schonen mit dieser umweltbewussten Vorgehensweise die globale Rohstoffbilanz. In und um München gibt es einige kluge Köpfe, die aus Altem schöne neue Dinge kreieren. Hier ein paar besondere Tipps, die natürlich gut mit der S-Bahn zu erreichen sind.
Wir Menschen lassen uns ja nicht so gern zum alten Eisen zählen, aber bei Möbeln ist eine gewisse altersbedingte Patina gern gesehen. Shabby Chic nennt sich das dann neudeutsch. Genau in die Kerbe des “charmant Gealterten” schlägt Elke Conway mit ihrem seit 2007 bestehenden Recycle-Art-Showroom. Der Laden mit Werkstatt ist auf restaurierte Möbel und Wohnaccessoires spezialisiert, es gibt aber auch Secondhand-Mode und Schmuck zu entdecken. Auch wer selber ein optisch angeschlagenes Möbelstück aufpeppen möchte, kann es hier in gute Hände geben. Für den neuen Look werden traditionelle Handwerkstechniken angewandt, und es kommen nur natürliche, umweltfreundliche Materialien und hochwertige Farben zum Einsatz. Conway’s Recycle Art ist mit der S1 bis S8 von der Haltestelle Isartor in Verbindung mit einem kurzen Isarspaziergang gut zu erreichen.
Mode und Accessoires mit ganz viel Herz, Köpfchen und zwei geschickten Händen gemacht – das ist das “polyamouröse” Projekt von Grafikerin Gundi Kalmer. Sie produziert nebenher kleine, feine Lieblingsstücke zu fairen Preisen und nennt ihren schöpferischen Ansatz lieber “Respekt vor dem Material” als Upcycling oder Resteverwertung. Wenn beim Materialeinkauf das Leder mal ein lustig geformtes Loch aufweist oder der Stoff einen liebenswerten Webfehler, dann sagt die Münchnerin sich “Her damit!” und fabriziert daraus echte Charmebolzen. Hauptsache individuell, nix von der Stange für die Masse. Im Moment spielt Gundi Kalmer im “Team Baby” die Hauptrolle. Daher ist ihr kleiner, gut von der S-Bahnstation Isartor (S1 - S8) erreichbarer Laden nur samstags geöffnet.
Das Rad neu erfinden mussten Fabian Fischer und Tobias Becker nicht mehr. Das hat Karl Drais 1817 ja schon erledigt. Aber Vintage-Rennräder wieder auf Trab oder besser gesagt ins Rollen zu bringen, das gibt den beiden Studenten einen Kick. Sie haben seit 2021 eine kleine Werkstatt mit Verkaufsraum in einem versteckten Hinterhof in der Hohenzollernstraße. Ihre Schrauberoase öffnen sie gerne, wenn man vorher online einen Termin gebucht hat, oder am ersten Sonntag im Monat zum Tag der offenen Tür. Dann kann man sich persönlich beraten lassen und einen oder mehrere der über 50 stählernen Flitzer testen. Die Recyclisten kann man mit der S-Bahn (Stachus) und anschließendem Umstieg in die Tram (Linie 27/28, Haltestelle Kurfürstenplatz) erreichen. Nicht ganz in S-Bahn Nähe 😉 aber einfach ein Spitzentipp.
Eine gute Flasche Wein ist schon was Feines. Aber sobald sie ausgetrunken ist, landet sie im Scherbenmeer des Altglascontainers. Ein unwürdiges Ende, dachte sich Mario Schaller aus Starnberg. Er gibt alten Flaschen eine zweite Chance, im neuen Glanz zu erstrahlen. Er reinigt, schneidet und schleift sie – und gibt ihnen z.B. als Kerzenhalter eine neue Daseinsberechtigung. Die verwendeten Kerzen sind aus naturreinem Bienenwachs von einem regionalen Imker oder aus Sojawachs und enthalten tierversuchsfreie Duftstoffe. Wer mal schnuppern möchte, kann dies in der Tourist Information Starnberg (200 Meter vom S-Bahnhof entfernt) tun. Hin kommt ihr mit der S6 Richtung Tutzing. Und falls jemand Glühbirnenlicht bevorzugt, im Onlineshop bietet Mario Schaller eine ganze Reihe von außergewöhnlichen Lampen auf Flaschen-Basis an.
Zeitgemäßes Upcycling trifft auf zeitgenössische Kunst. Zwei Designerinnen hatten einen Geistesblitz: Sie verarbeiten ausgewählte Ausstellungsbanner aus dem Haus der Kunst und aus dem Lenbachhaus zu Taschen. So hauchen sie gut abgehangenen Werbemitteln in Kombination mit biologisch abbaubaren, witterungsbeständigen Materialien ein zweites Leben ein. Keine Sorge, die schlimmsten Gebrauchsspuren sind wegretouchiert. Die picobello Handtaschen, Clutches, Shopper oder Kuriertaschen zum Umhängen sind unique Einzelstücke und zeigen jeweils einen anderen Ausschnitt des Hauptmotivs einer Ausstellung. Kaufen kann man sie in den Museumsshops vom Haus der Kunst und vom Lenbachhaus, beide von der S-Bahn-Stammstrecke fußläufig easy erreichbar.