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07.05.2021

Was tun, wenn man ein „herrenloses“ Gepäckstück oder einen fremden Koffer findet?

Wohl jeder Fahrgast hat schon einmal Gepäck gesehen, das scheinbar ganz verlassen in der S-Bahn, am Bahnhof oder am Gleis steht. Aber wüsstet ihr, was ihr bei einer solchen Entdeckung am besten tun solltet? Zum Fundbüro bringen? Den Inhalt überprüfen? „Nein, auch wenn es gut gemeint ist, bitte nicht!“ – Das rät der Experte, Polizeimeister Markus von der Bundespolizei am Münchner Hauptbahnhof. Er muss es schließlich wissen, denn der Umgang mit unbeaufsichtigten Koffern und herrenlosen Gepäckstücken gehört bei ihm zum beruflichen Tagesgeschäft. Wir haben Markus getroffen und ihn dazu genauer befragt. 

Abwarten und genau hinschauen

Da steht er also – der als „herrenlos“ eingestufte Koffer. Ihn weiter im Auge zu behalten, kann jetzt sehr hilfreich sein, sagt der Polizeimeister. „Es geht ja vor allem darum, dass nicht nur Wertgegenstände, sondern oft auch wichtige Ausweispapiere oder Kreditkarten mit auf die Reise genommen werden“, erklärt er uns. Und diese sollten nicht in die falschen Hände geraten. Auch wenn fast alle „herrenlose“ Gepäckstücke komplett harmlos sind, lautet nach Markus' Aussage trotzdem die wohl wichtigste Regel in diesem Fall: „Bitte nichts anfassen.“ Falls der Inhalt von außen einsehbar ist, sei die Lage meist eh direkt ersichtlich. Bei einem geschlossenen Gepäckstück, zum Beispiel bei einem Hartschalenkoffer, sollte man aber zurückhaltender sein.

Herrenlose Gepäckstücke? Bahnhofsmitarbeitende ansprechen oder Servicenummer wählen

Markus skizziert uns grob, wie man als Fahrgast in solch einer Situation idealerweise weiter vorgeht: „Erst einmal schaut man am besten, ob man eine:n Besitzer:in in Sichtweite ausmachen kann. Sollte das nicht der Fall sein, wenn es geht einfach noch einmal fünf Minuten abwarten.“ Aus seiner langjährigen Berufserfahrung weiß Markus nämlich, dass sich die Lage in ganz vielen Fälle sowieso in den ersten Minuten von allein klärt. „Die Besitzer:innen laufen nur schnell zur Toilette oder zum Rauchen und lassen das Gepäck einfach kurz stehen.“ Zu empfehlen ist das natürlich nicht, kommt aber eben trotzdem häufig vor, so der Experte. Falls sich kein:e Besitzer:in ausmachen lässt, sollte aber in jedem Fall ein:e Servicemitarbeiter:in kontaktiert werden. An den Bahnhöfen zum Beispiel die Mitarbeiter:innen der DB Information. „Die finden den zum Gepäck gehörenden Menschen oft ganz schnell, indem sie eine Lautsprecherdurchsage machen“, erzählt uns Markus routiniert. Seid ihr an einem Haltepunkt, an dem ihr vor Ort niemanden ansprechen könnt, dann könnt ihr auch bei der 3-S-Zentrale der DB Station&Service AG anrufen (für den Münchner Raum ist das die Nummer 089/1308-1055). Und wie ist es, wenn man sich in der S-Bahn befindet? „Am besten den Lokführer oder die Lokführerin per Sprechstelle aufmerksam machen.“ Natürlich könnt ihr euch auch an die Servicenummer der Bundespolizei wenden. Die findet ihr übrigens auf einem blauen Aufkleber, direkt bei der Sprechstelle, sprich an jeder Tür. 

Einsatz für Kommissar Rex 

Aber was passiert dann? Also, wenn die Polizei zur Stelle ist? „Zuerst überprüft die Streife den Koffer und schaut, ob sie den Inhalt einsehen und definieren kann. Oder ob sie personenbezogene Hinweise wie Namenschilder oder ähnliches findet.“ Falls nicht, wird der oder die diensthabende Gruppenleiter:in informiert, der dann das weitere Vorgehen koordiniert. Mitunter kommen im nächsten Schritt die Polizeihunde zum Einsatz. Mit ihrer ausgebildeten Spürnase können die vierbeinigen Kolleg:innen in der Regel Entwarnung geben, sodass der herrenlose Koffer bedenkenlos geöffnet werden kann. In sehr seltenen Fällen kann es auch anders sein. Dann müssen Spezialkräfte zur Entfernung des Gepäckstücks anrücken, erklärt Markus. Die damit einhergehenden Absperrungen können natürlich Auswirkungen auf den S-Bahn Verkehr haben und zu Verspätungen führen. Aber: „Wir versuchen wirklich immer den Bereich und den Zeitraum, in dem abgesperrt werden muss, so klein und so kurz wie möglich zu halten – aber die Sicherheit geht eben vor.“ So genügt es oft schon, nur einen bestimmten Bereich auf einem Bahnsteig abzusperren, bis das herrenlose Gepäckstück entfernt ist.

Gepäck stehen lassen: keine Bagatelle

Wer mit viel Gepäck reist, der vergisst in der Eile schnell etwas. Das weiß auch die Bundespolizei: „Natürlich macht das niemand extra. Fast alle nicht zuordenbaren Gepäckstücke werden aus Versehen oder Nachlässigkeit stehen gelassen. Dort wo viel los ist, passiert das halt“, sagt Markus. „Besonders am Hauptbahnhof haben wir täglich damit zu tun. Es sind aber nicht nur die Fernreisenden mit viel Gepäck. Wir haben leider auch immer wieder hinterlassenen Müll, den wir untersuchen müssen.“ Bei Großveranstaltungen wie Fußballspielen und dem Oktoberfest werden besonders viele Gepäckteile verschusselt. „Nur bei einem ganz kleinen Bruchteil der Fälle steckt böse Absicht dahinter“, weiß der Beamte. Bei einem schlechten Scherz müsse man aber nicht nur mit einer Strafanzeige rechnen, sondern auch die entstandenen Kosten übernehmen.

Kein böser Wille – trotzdem ärgerlich 

Übrigens kann auch der- oder diejenige für entstandene Kosten belangt werden, der Koffer und Co. ohne triftige Gründe einfach stehen lässt oder vergisst. „Das kann echt teuer werden. Besonders, wenn viele Personen zur Klärung der Lage einbezogen werden müssen. Die Fahrgäste wissen meist gar nicht, wieviel Aufwand das mit sich bringt“, weiß Markus. Deswegen die Bitte der Bundespolizei: „Immer in der Nähe des Gepäcks bleiben. Allein die Sicherung herrenloser Gepäckstücke bindet Arbeitsressourcen.“ Aber Markus und seine Kolleg:innen sind so oder so gerne mit Rat und Tat zur Stelle und sorgen in jeder Situation dafür, dass wir als Fahrgäste eine sichere Reise haben.