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14.07.2021

Rot, grün, weiß – Woher kommen eigentlich die Farben der S-Bahn?

Nehmen wir mal an, ihr seid irgendwo in Deutschland unterwegs. In einer Großstadt, in der ihr noch nie vorher gewesen seid – Und ihr wollt mit der S-Bahn fahren. Wetten, ihr findet sie in den meisten Fällen ohne eine Wegbeschreibung? So ziemlich jeder Mensch erkennt die Züge der Deutschen Bahn und ihrer Tochterunternehmen, den lokalen S-Bahnen, an ihren Farben. Im Falle der S-Bahn eben die zumeist rote Lackierung der Züge (es gibt allerdings Ausnahmen) und auf jeden Fall dem weißen S auf grünem Grund im Logo. Aber das war nicht immer so. Warum in ganz Deutschland sehr lange ein kunterbunter Trupp an Zügen unterwegs war und wie eure S-Bahn zum roten Look kam? Wir haben euch die Hard Facts hier zusammengetragen.

Die S-Bahn München: damals noch in weiß/blau

Poppig-bunt statt braun und trostlos

Sagt euch der Begriff Pop-Art etwas? Alle, die im Kunstunterricht aufgepasst haben, müssten jetzt „Ja!“ rufen. Pop-Art war und ist eine Kunstrichtung, die sich in den 1950er- und 1960er-Jahren mit ihren markanten Farben und Formen etablierte. Und wie das mit vorherrschenden Kunstformen so ist, finden sie sich irgendwann auch im Alltag der Menschen wieder. Kurz: Ende 1969 beschloss die ehemalige Deutsche Bundesbahn das Pop-Design als Lackierungskonzept für Personen- und Triebwagen: Ein frisches, modernes und freundliches neues Aussehen für die bisher dunklen, braunen und dunkelgrünen Züge der früheren Deutschen Reichsbahn, das dem Zeitgeist entsprechen und so für eine neue Wahrnehmung sorgen sollte.

Fahrgäste an die Wahlurnen!

So entstand 1969 extra dafür ein sogenanntes Design Center, das dem Bundesbahn-Zentralamt hier in München unterstellt war. Dort überlegte man sich, die Züge der damaligen drei S-Bahn-Netze – Rhein-Ruhr, Rhein-Main und München – farblich zu unterscheiden: weiße Bahnen mit orangefarbenen, blauen und karminroten Fensterbinden standen zur Auswahl. Die Entscheidung, welches Gebiet welche Farbe bekommt, überließ man den Fahrgästen. Sie konnten Anfang 1970 an Wahlurnen in den Zügen in Düsseldorf, Frankfurt und München abstimmen. Und so war es beschlossene Sache: München bekam weiß/blaue S-Bahnen. Wenn die Wahl der Fahrgäste da mal nicht von der Liebe zum weiß-blauen bayrischen Rautenmuster beeinflusst wurde …

Einheitlichkeit musste her! – regional und deutschlandweit

Während sich die sogenannte Pop-Lackierung bei den Schnellzügen nicht durchsetzte, entwickelte sie sich bei der Baureihe ET420 zur Standardlackierung. Allerdings wurde das ganze System rund um die Trennung der Farben nach Regionen bald schon aufgeweicht, auch weil man Fahrzeuge zwischen den verschiedenen Regionen austauschen wollte. München übernahm ab 1984 statt dem Blau sukzessive die Kennfarbe Orange für die Fensterbinden. Mit Start der Flughafen-S-Bahn S8 wurde dann auch noch die spezielle Flughafen-S-Bahn-Lackierung eingeführt, die eine komplette Lackierung in Blau vorsah. Dieses Farbkonzept wurde aber aufgegeben, als die zweite Linie über Neufahrn dazu kam. So oder so wurde das Konzept mit unterschiedlichen Farben ab dem Jahr 1986 nicht mehr weiterverfolgt, weil letztendlich ganz offiziell die heutigen Produktfarben eingesetzt wurden. Der letzte Zug mit blauer Fensterbinde verschwand übrigens dennoch erst 2002 aus dem S-Bahn Netz, da die Züge aufgrund des hohen Aufwands einer Umlackierung nicht aus dem täglichen Betrieb genommen werden sollten.

Bunt aber einheitlich

Heißt: Ein einheitliches Farbkonzept für alle Züge – rot, weiß, schwarz und grau –, mit dem einzigen Unterschied, dass die Farbgewichtung beim Fernverkehr auf weiß und beim Regionalverkehr auf rot liegen sollte. Und eine ganze Zeit lang lag. So wurden die neuen Züge des Modells ET423 direkt und schon immer in kompletter roter Lackierung angefertigt und ausgeliefert. Allerdings: Bei der S-Bahn Berlin kommen schon immer, bei der S-Bahn Mitteldeutschland seit geraumer Zeit, und jetzt ganz neu auch bei der S-Bahn Stuttgart wieder andere Farben zum Einsatz: bei letzterer aktuell lichtgrau, mit dunklen Türen, gelben und blauen Farbakzenten für die Kennzeichnung der 1. Klasse und der Mehrzweckbereiche.

Jede Farbe ist bewusst gewählt

Nach Rot kommt Grün?

Die einheitliche Farbgebung wurde vor allem nach 1994 relevant, als der Eisenbahnmarkt in Deutschland liberalisiert wurde. Den DB-Fahrzeugen eine klare Markenkennzeichnung zu geben und gleichzeitig die Produktlinien kenntlich zu machen, war also wieder ein wichtiger Schritt in Sachen einheitlichem Marketing. Und warum dann jetzt all das Grün? – im Logo und in all den Plakaten, Deckenbildschirm-Clips und Co., die euch im Alltag rund um die (S-)Bahn begegnen? Das Grün passt einfach perfekt zur S-Bahn und unserer Überzeugung: Nämlich, dass kollektive Mobilitätskonzepte der Zukunft unserer Natur gut tun. Und, dass wir als Macher dieser Mobilitätskonzepte eine Verantwortung haben. Aber das ist wieder eine andere Geschichte. Vielleicht habt ihr noch Zeit bis zu eurer Endhaltestelle und interessiert euch für Naturschutz? Dann könnt ihr ja mal hier weiterlesen!