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Betrieb & Technik
08.02.2020

Rot-Weiß gibt’s bei uns nur ohne Pommes – Die Schrankenanlagen im Überblick

Kann man eigentlich zwischen den Schranken eingeschlossen werden? Und was macht man denn dann am besten? Diese Frage hat uns unser Leser Daniel geschickt. Wir haben uns mal schlau gemacht und für euch die rot-weißen Schrankenanlagen im S-Bahn-Gebiet München abgeklappert. Und so viel sei vorweg verraten: „Keine Panik!“ Denn: Eingesperrt sein zwischen den Schranken ist ein nahezu unmögliches Szenario. Jeder Bahnübergang wird nämlich nicht nur durch ausgeklügelte Technik, sondern auch durch Menschenaugen überwacht. Wir verraten euch hier, wie das genau funktioniert.

Drei Systeme für eure Sicherheit

„Bahnübergang mit Vollabschluss“, so heißt das übrigens, wenn die Schranken von rechts und links kommen und die Gleise damit komplett umschließen, sodass kein anderer Verkehrsteilnehmer sie mehr passieren kann. Ungefähr 30 davon gibt es im S-Bahn Bereich in München und seinem Umland. Und zahlreiche Mitarbeiter, die diese Übergänge überwachen. Und zwar im Schichtdienst, sodass zu jeder Tages- und Nachtzeit gewährleistet ist, dass die Schranken so hoch- und runtergelassen werden, dass 1. der Betrieb optimal flutscht und 2. niemand gefährdet wird. Drei verschiedene Systeme gibt es, die den Verkehr an den Bahnübergängen abwickeln. Und wir sagen mal so: Eines dieser Schrankensysteme macht sogar ganz schön Muckis!

Erst Augen auf, dann wird gekurbelt

Ihr werdet euch jetzt sicher fragen: „Was haben denn bitte Muckis mit Schranken zu tun?“ Einige wenige Bahnübergänge werden - unterstützt natürlich von der nötigen Sicherheitstechnik - noch per Menschenhand angetrieben. Ein Beispiel findet sich an der Haltestelle Fasanerie. Im kleinen Häuschen direkt neben den Gleisen gibt es zwei Vorrichtungen, an denen die Kollegen und Kolleginnen die Schranken per Kurbelsystem bedienen. Die Zugnummermeldeanlage – ein Monitor, der direkt neben den Kurbeln steht – zeigt an, wann die nächste S-Bahn kommt. Ein akustisches Signal ertönt auch. Dann stellt der sogenannte Schrankenwärter die Ampeln für Fußgänger, Autofahrer und Co. auf Rot und lässt erst die Einfahrtsbäume auf beiden Seiten runter, also die Schranken in Fahrtrichtung. Das sind die Schranken, die uns somit hindern, in den Bahnübergang hineinzufahren. 

Erst die eine, dann die andere Seite

Erst mit einer gewissen Zeitverzögerung - sodass Autofahrer, die den Verkehr doch falsch eingeschätzt haben sollten noch aus dem Bahnübergang herausfahren können - lässt er auch die Ausfahrtsbäume hinunter. Das sind die Schranken, die wir passieren, wenn wir uns vom Bahnübergang wegbewegen. Nun passiert etwas sehr Wichtiges: der Mitarbeiter schaut nämlich ganz genau hin, ob der „Gefahrenraum“ zwischen den Schranken, also der Gleisbereich, auch wirklich komplett frei ist. Kein Kind, das sich verirrt hat, kein Mensch, der gestürzt ist, kein Hund, der ohne Leine unter den Schranken durchgeschlüpft ist – erst dann gibt der Kollege oder die Kollegin per Knopfdruck und damit einhergehendem Fahrtsignal für den Lokführer die Fahrt der herannahenden S-Bahn frei. Wird der Knopf nicht betätigt, bleibt das vorangehende Signal für die S-Bahn rot und der Streckenabschnitt mit dem Bahnübergang somit tabu.

Notfallmanöver parat

Selbst wenn die Schranke einmal defekt sein sollte und der Schrankenwärter die Schranke nicht schließen kann, gibt es ein sicheres Prozedere. Der Lokführer bekommt dann einen schriftlichen Befehl, den Bahnübergang ganz langsam – praktisch in Schrittgeschwindigkeit – anzufahren, dabei ein akustisches Signal abzugeben (das Horn ist ganz schön laut, man kann es wirklich nicht überhören), selber mit gutem Augenmaß sicherzustellen, dass die Fahrt frei ist und andere Verkehrsteilnehmer gewarnt sind, und dann zügig den Übergang zu passieren. Dieses Vorgehen ist auch Bestandteil der Lokführerausbildung.  

Schrankenbedienung per Radar-Technik

Und was ist mit Bahnübergängen, an denen wir kein solches Häuschen finden? Die sind natürlich trotzdem gut überwacht. Und zwar durch moderne Radar-Technik, die sich komplett autark um den sicheren und zügigen Ablauf kümmert. Zu erkennen sind solche ausgeklügelten Schrankensysteme an vier ganz unscheinbaren Dreiecksspiegeln und einem Radarsender, der einem überdimensionierten Ei gleicht. Die Spiegel kommen rechts und links an jeder Schranke aus dem Boden und zeigen nach innen zum Gleis. So scannen sie den kompletten Gefahrenbereich. 

Eine Schranke aus Licht

Das kann man sich vorstellen, wie ein unsichtbares Kreuz, das direkt auf den Schienen zusammentrifft, so ein bisschen wie eine Lichtschranke also. Sobald sich die Schranken schließen, scannt das System den Bereich bis zehn Zentimeter über den Gleisen. Würde jetzt jemand oder etwas im Weg sein, gibt das System die Durchfahrt nicht frei – der Lokführer erhält kein Fahrtsignal und kann den Übergang nicht passieren. Übrigens ein im wahrsten Sinne des Wortes „cooles“ Gimmick: die Dreiecksspiegel sind in vielen Fällen sogar beheizt. Nicht damit sie es im Winter schön warm haben, sondern damit selbst die schlechteste Witterung der Technik kein Schnippchen schlagen kann.

Mensch und Technik vereint 

Eine dritte Form der Schrankenüberwachung ist die goldene Mitte: Mensch trifft auf Technik. Zu finden zum Beispiel am Bahnübergang in der Nähe des Bahnhofs Feldmoching. Hier stellt das System die Ampeln für Autofahrer, Radler und Fußgänger automatisch auf Rot und lässt auch die Schranken eigenständig mit Zeitverzögerung runter. Dann ist aber wieder der Mensch gefragt: Der für den Streckenbereich verantwortliche Fahrdienstleiter vergewissert sich hier, dass die Gefahrenzone frei ist und gibt per Knopfdruck Durchfahrtserlaubnis. An solchen Posten haben die Kollegen und Kolleginnen nicht nur einen, sondern mehrere Bahnübergänge in der näheren Umgebung im Blick - über diverse Monitore. Viele Augen, das Beste von Mensch und Maschine in Kombination und drei bewährte Systeme sorgen also dafür, dass das Szenario „eingesperrt sein zwischen den Schranken“ nichts bleibt, als ein böser Alptraum. 

Wer hätte es noch von der Führerscheinausbildung gewusst? 

Unmittelbar vor Bahnübergängen befindet sich fast immer ein sogenanntes Andreaskreuz. Es signalisiert, dass dort dem Schienenverkehr Vorrang gewährt werden muss. Ganz egal, ob die Schranke funktioniert oder nicht. Fährt also jeder mit der entsprechenden Vorsicht an Bahnübergänge heran und berücksichtigt die Regeln, die dort für den Straßen- und Fußgängerverkehr gelten, kann praktisch nichts passieren. Der wichtigste Grundsatz an Bahnübergängen ist, bei einem Rückstau erst dann über die Anlage zu fahren, wenn man sicher ist, den Gleisbereich auch zügig wieder verlassen zu können.

Sicher drüber!

Wer doch einmal zwischen die Schranken gerät sollte Ruhe bewahren und bei Vollschranken zur noch geöffneten Ausfahrtsschranke hinausfahren - deshalb gibt es übrigens auch die Zeitverzögerung zwischen Herablassen der Einfahrts- und der Ausfahrtsbäume. Sollten bereits beide Schranken schon unten sein, greifen die eben beschriebenen Maßnahmen. Also entweder die Technik oder der Mensch lässt den Eingesperrten durch Heben der Schranke wieder hinaus. Bei Halbschranken könnt ihr auf der unbeschrankten Seite problemlos rausfahren. Im Zweifelsfall, oder wenn euer Auto zum Beispiel mal mit einem technischen Defekt auf den Gleisen stehen bleibt, raten wir euch, den Wagen zu verlassen und die 112 zu rufen. Euer Leben ist wichtiger als alles andere!