Für Dich bewegen wir uns
Ein Zug der Baureihe ET420 an einer Haltestelle
Betrieb & Technik
19.11.2020

Zwei Zugmodelle stellen sich vor – Wenn der ET423 und der ET420 sprechen könnten

Knapp 220 Fahrzeuge sind nötig, damit die S-Bahn München euch täglich durch das ganze Netz fahren kann – ein S-Bahn-Netz so groß wie kaum ein zweites in Deutschland. Mit rund 840.000 Fahrgästen pro Tag und über 20 Millionen Zugkilometern pro Jahr, einschließlich aller Zugverstärkungen, Baustellen- und Zusatzverkehre. Dass unsere Züge also, selbst wenn sie könnten, wenig bis gar keine Zeit zum Quatschen hätten, kann man sich denken. Dennoch wollten wir uns einmal ausmalen, was nach „Feierabend“ in den Hallen passiert. Genau dann, wenn die Kolleg*innen mit allen Reinigungen und Wartungen fertig und die etwas älteren Züge, wie der ET420, sowie unsere jüngere Flotte der ET423er alleine sind. Zugegeben: Das folgende Szenario ist natürlich ein reines Produkt unserer Fantasie. Aber Spaß macht es trotzdem, uns beim Schreiben und euch hoffentlich beim Lesen. Und sicher bleibt auch die ein oder andere unerwartet spannende Info hängen …

Unser ET420 "Lisa"

Hey Lisa 420, heute einen guten Tag gehabt?!

Lisa 420: „Klar, auch wenn euch jungen Dingern die langen Schichten schon ein bisschen leichter als mir und meinen Kolleginnen fallen. Schließlich sind wir in der aktuellen Version schon seit 1994 auf den Gleisen aktiv, während ihr erst seit der Jahrtausendwende unterwegs seid. Dafür haben wir aber auch schon außerhalb Bayerns jede Menge erlebt und Erfahrungen gesammelt. Und nach einer kleinen Schönheits- und Wellnesskur mit einigen technischen Upgrades verstärken wir mit 36 Zügen schon seit einigen Jahren die Flotte hier in München. Zugegeben: Ihr Jüngeren macht optisch natürlich einiges her, – immer wieder hab ich meine Fahrgäste von euem freundlichen Lichtkonzept und den geräumigen Sitzbereichen schwärmen hören – aber wir ET420er haben durchaus auch unsere Fanbase.“

Kein Stress Lisa 420, wir sind ja ein Team!

Michelle 423: „Hut ab für die vielen Jahre, die du die Fahrgäste schon sicher ans Ziel bringst! Und toll, dass du auch weiterhin regelmäßig deine Lieblings-S-Bahn-Linien S2, S4, S6, S8 und S20 übernimmst, während wir Jüngeren gerade nach und nach eine Schönheitskur erhalten. Ich weiß auch, dass ihr unter den Lokführer*innen einige ganz spezielle Fans habt, schließlich genießt ihr bei Bahnbegeisterten Kultstatus. Andere wiederum schätzen aber auch uns und unsere etwas geschmeidigere Handhabung.“

Unser ET420 "Maria"

Lieben Dank für die Blumen!

Lisa 420: „Aber damit wir uns auch richtig verstehen, liebe Michelle 423 ... Dass der technische Fortschritt unaufhaltsam in vollem Gange ist, heißt nicht, dass ihr unser Vermächtnis vergessen solltet! Klar, ihr seid mit euren 67 durchgängig begehbaren Metern Länge leichter und mit euren vier breiten Wagenkästen komfortabler. Auch eure Triebwagen lassen sich mit elektrischen und mechanischen Kupplungen zu längeren Zügen verbinden. Dazu kommt, dass eure Energierückspeisung beim Bremsen und die Möglichkeit, die Abwärme zu Heizzwecken zu nutzen, euch auch noch energetisch effizient macht. Aber das alles wäre nie möglich gewesen ohne das Wissen, das über die Jahrzehnte des Betriebs mit uns ET420ern gesammelt werden konnte. Muss man ja auch mal so sehen, oder?!“

Geöffnete Türe eines ET420 der S-Bahn München
Der Einstiegsbereich der ET420er Reihe

Neuer Liebling der Fahrgäste? – Ich gebe mir Mühe!

Michelle 423: „Hey hey, hör ich da jetzt doch ein bisschen Verdruss raus, liebe Lisa 420? Das war überhaupt nicht mein Ansinnen, wir haben ja offensichtlich beide unsere Vorzüge. Ich als frisch aufgebrezelter ET423er versuche einfach alles, um meinen Gästen die Fahrt möglichst nett und reibungslos zu gestalten: Jeder meiner zwölf Einstiegsbereiche ist mit einer Sprechstelle mit Verbindung zum/r Lokführer*in und Notbremsen versehen. Sogar die Trennwand zum Führerstand ist aus Glas – So kann man von allen Seiten die Aussicht genießen, wenn die Lokführer*innen das Rollo oben haben. Manche sind etwas zurückhaltender und wollen sich lieber voll und ganz konzentrieren, was auch in Ordnung ist. Transparenz ist den Menschen, die mich gestaltet haben, wichtig. Mein gesamtes Inneres ist von jedem Platz aus gut überschaubar, das gibt meinen maximal 166 sitzenden und 446 stehenden Besucher*innen ein angenehmes Gefühl der Sicherheit. Wenn ich als Kurzzug mit zwei weiteren Fahrzeugen zu einem Langzug verbunden werde, kann ich übrigens das dreifache an Personen befördern … das lässt sich ja leicht rechnen.“

Alles verstanden Michelle 423, bist schon ne' klasse Lady!

Lisa 420: „Besonders beeindrucken mich aber seit jeher deine 1,30 Meter breiten, elektrisch angetriebenen Schwenkschiebetüren, die automatisch schließen, sobald der gelbe Lichtschrankenbereich im Eingang frei ist. Schon ganz schön klug gemacht, denn dadurch sparst du ordentlich Energie. Man sieht: Wir entwickeln uns alle ständig weiter. Und wer weiß, mit welchen Features künftige Generationen so aufwarten werden. Darum lass mich gerne das Schlusswort unserer illustren Unterhaltung so formulieren: Alles hat seine Zeit, wobei Altes auch Neues prima unterstützen und ergänzen kann. Bleibt uns alten Hasen nur, mit Stolz auf die Vergangenheit zurückzuschauen, und uns irgendwann auf den wohlverdienten Ruhestand zu freuen. Wir wollen euch Neue aber so lange tatkräftig unterstützen, wie wir gebraucht werden. So und nun rate ich dir aus Erfahrung, meine liebe Michelle 423: Nutze jede freie Minute hier im Werk Steinhausen zum Ausruhen, sie sind rar gesät. Also: Gute Nacht und bis morgen!“